SAVVY Contemporary: WHAT THE TORTOISE MURMURS TO ACHILLES. Über Faulheit, Zeitökonomie und Produktivität
Eröffnung
KÜNSTLER*INNEN:
NIDAA BADWAN, ATEF BERREDJEM, RAPHAEL CUOMO & MARIA IORIO (+ VIDEOBASE), CEVDET EREK, ABRIE FOURIE, KATIA KAMELI, BRANDON LABELLE, ABRAHAM ONORIODE OGHOBASE, JUNEBUM PARK, GERDA STEINER & JÖRG LENZLINGER
Kurator*innen: Elena Agudio, Saskia Köbschall & Bonaventure Soh Bejeng Ndikung
Eröffnung: 17.3., 18h, Pressetour um 17h
Das Ausstellungsprojekt What the Tortoise murmurs to Achilles. Über Faulheit, Zeitökonomie und Produktivität ist der Versuch, alternative Verständnisse und Auffassungen von Zeit aus einer plurikulturellen und dekolonialen Perspektive zu erkunden, indem wir Zeitpolitik und geopolitische Machtbeziehungen genauer betrachten. Dieses Projekt kann sich nicht den Luxus erlauben, für eine simple Lobpreisung von Müßiggang oder für die oberflächliche Forderung eines Rechts auf Faulheit gehalten zu werden. Vielmehr soll diese Ausstellung konzeptuell und physisch Platz machen für Gedanken zu Chronopolitiken und Machtmechanismen, die gewisse zeitökonomische Rethoriken gestalten. Unser Ausgangspunkt ist es, den vermeintlich ‘langsamen’ und ‘zerstörerischen’ Rhythmus, der “südländischen” Haltungen nachgesagt wird, zu deuten als Widerstand gegen die angeblich tüchtige Natur à la Die Protestantischen Ethik und der Geist des Kapitalismus (Max Weber).
The first condition for post-abyssal thinking is radical co-presence. Radical co-presence means that practices and agents on both sides of the line are contemporary in equal terms. Radical co-presence implies equating simultaneity with contemporaneity, which can only be accomplished if the linear conception of time is abandoned.
Boaventura de Sousa Santos | 2007
Dieses Forschungs- und Ausstellungsprojekt bringt verschiedene künstlerische Positionen zusammen, um die “radikale Co-Präsenz” von verschiedenen Zeitlichkeiten und Zeitkonzeptionen zu erforschen und die Chronopolitiken geradliniger Zeitlichkeit zu durchkreuzen, in dem wir die Verflechtungen von Zeitbegriffen, Ideen von Produktivität (und Faulheit) und raum-zeitlichen Hierarchien beleuchten, die weiterhin unsere Gegenwart formen.
Die Faulheit des Kolonisierten ist die bewusste Sabotage der Kolonialmaschine. Biologisch gesehen: ein beachtliches Selbstschutzsystem, und auf jeden Fall eine gewisse Verzögerung der absoluten Beherrschung des ganzen Landes durch den Okkupanten. (…) Der Kolonisierte, dessen politisches Bewusstsein noch nicht reif ist und der noch nicht entschlossen ist, die Unterdrückung abzuschütteln, hat die Aufgabe, sich jede noch so kleine Bewegung buchstäblich entreißen zu lassen.
Frantz Fanon. Die Verdammten dieser Erde | 1969 (1961)
What the Tortoise murmurs to Achilles. Über Faulheit, Zeitökonomie und Produktivität wird über die unterschiedlichen Konzepte von Faulheit verhandeln, sei es die “bewusste Sabotage der Kolonialmaschine”, ein “System des Selbstschutzes” (Victoria Bernal), die ideologische Ablehnung einer kapitalistischen Arbeitsmoral (vgl. Paul Lafargue, Ivan Illich) oder deren Dämonisierung als der Ursprung aller wirtschaftlichen und sozialen Übel. Das Projekt wird die Politiken von Faulheit untersuchen und inwiefern diese in Verbindung stehen mit Begriffen von linearer Zeit, Fortschritt, wirtschaftlicher Produktivität und Arbeitsmoral. Dabei soll Raum bleiben, Trägheit und Untätigkeit als Möglichkeiten zu verstehen, die Welt von den neurotischen Rhythmen des Kapitalismus freizumachen.
Time is not money
Time
is
time
And the time has come, again,
To outwit and outlast
Survive and surmount
The authors of the blasphemy
Of our chains.
James Baldwin | Song (for Skip)
Ausstellungzeitraum: 18.3.-8.5., Mi-So: 14-19h
Führungen: Samstags, 14 Uhr
Eintritt: 2€