all the lonely people

Ausstellung

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Villa Aurora zeigt VATMH (Villa Aurora & Thomas Mann House) „all the lonely people“. Die von Nana Bahlmann kuratierte Ausstellung greift die jahrtausendealte Tradition des Eremitentums auf und präsentiert vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie künstlerische Darstellungen von Einsamkeit, Melancholie und Sehnsucht sowie von physischem und mentalem Rückzug.

„all the lonely people“ macht die Erfahrung von Isolation und Einsamkeit sichtbar. Dabei greifen die Kunstwerke tradierte Motive der Einsiedelei wie den Rückzug in die Natur, Melancholie und Kontemplation, Innen und Außen, Austausch und Stille, Ausgrenzung und Trauma auf und wenden diese auf dringliche Fragen der Gegenwart an. Sie geben Themen wie der Einsamkeit im digitalen Zeitalter, autarken Lebensweisen oder imaginierten Zufluchtsorten in Zeiten von Gentrifizierung und systemischer Unterdrückung eine visuelle Gestalt und eine neue Form. Die Werke ehemaliger Stipendiat:innen der Villa Aurora sowie in Los Angeles lebender Künstler:innen sind zum Teil in persönlicher Isolation und zum Teil eigens für die Ausstellung entstanden.

Die Werke der Ausstellung reflektieren den Topos des Einsiedlers mit verschiedenen Medien wie Fotografie, Video, Skulptur, Klang und Installation: Vajiko Chachkhianis Video Life Track zeigt ein eindrückliches Bild eines physisch wie mental isolierten Mannes, dessen Einsamkeit sich nicht zwingend in der Abgeschiedenheit zutragen muss, sondern mitten in unserer Gesellschaft meist ungesehen bleibt. Louisa Clements Repräsentantin, ein lebensechtes Selbstporträt der Künstlerin als „Real Doll“, thematisiert die Entfremdung vom Selbst, die stattfindet, wenn sich das eigene virtuelle Abbild von der Realität merklich entfernt, die Einsamkeit eines zusehends im Netz gelebten Lebens. Immer wieder tauschen in Bahlmanns Ausstellung Natur und Künstlichkeit ihre Rollen. So verkehren Kaari Upsons skulpturale Baumabgüsse Naturvorstellungen von Ruhe und Frieden in ein unheimliches Dickicht der Erinnerung, während Andrea Zittel in der Isolation der Wüste anhand skulpturaler Versuchsanordnungen alternative Lebensformen erprobt. Annika Kahrs Playing to the Birds erzählt von dem Versuch, durch Musik und Kommunikation die Einsamkeit zu überwinden. Ein monochromes Gipsrelief von Lauren Halsey zeigt eine Ziegelmauer als Repräsentation der Straße, die zum ultimativem, kollektiven Zufluchtsort vieler Ausgegrenzter ihres Kiezes wird: South Central, ein für Rassenunruhen und Bandenkriminalität bekannter Stadtteil in Los Angeles. Thomas Struths großformatige Arbeit Schlichter Weg, Feldberger Seenlandschaft 2021 ist im Pandemiewinter in Deutschland entstanden, in ländlicher Abgeschiedenheit und Isolation. April Streets Still Life at 12 o’clock schafft mit Bezug auf die Naturverbundenheit von Einsiedlern eine fantastischeWeltlandschaft, in der sich physische Realität und Innenwelt auf einer Bildebene vereinen. Während Suzan Philipsz in Trees and Flowers der Angst vor Einsamkeit und Isolation ihre Stimme leiht, erfasst Anri Sala in seiner frühen Videoarbeit Uomoduomo geradezu metaphorisch die isolierte Existenz eines Obdachlosen, der gezwungen ist, außerhalb der Gesellschaft zu leben. Und Saâdane Afif erkundet in einer neuen Arbeit Strategien geteilter Autor:innenschaft im Kontext der künstlerischen Selbstbegegnung im eigenen Werk.

Ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Filmen, Lesungen, Gesprächen, Performances und Konzerten, u.v.a. mit Tanja Dückers, Felicitas Hoppe, Monika Rinck, Yoko Tawada, Senthuran Varatharajah, Planningtorock aka Jam Rostron sowie Olaf Nicolai & Public Possession, ergänzt die Ausstellung.

25. September - 10. Oktober
Dienstag – Freitag: 12 – 20 Uhr
Samstag, Sonntag: 11 – 20 Uhr
Betonhalle
Tickets