Futuring the Liberal Script #7 Ukraine – vom Krieg sprechen
Gesprächsreihe
Gespräch mit Gwendolyn Sasse und Kateryna Mishchenko, moderiert von Jens Bisky
Kann man verstehen, was zu einem Krieg führt? Wie erklärt, wie ordnet man Ereignisse, Hintergründe, wie spricht und schreibt man über das Leben im anhaltenden Ausnahmezustand? Politikwissenschaftlerin und Osteuropa-Expertin Gwendolyn Sasse und die ukrainische Schriftstellerin und Verlegerin Kateryna Mishchenko blicken auf politische und gesellschaftliche Dynamiken in der jüngeren Geschichte der Ukraine. Ausgehend von Sasses aktuellem Buch, suchen sie nach einer Sprache, in der man über diesen Krieg nachdenken, ihn „erzählen“ kann. Zwischen Literatur und Wissenschaft, analytischer Expertise und künstlerischen Zugängen erweitern sie gängige Wahrnehmungen auf politische Großlagen, Alltagspraktiken und Lebenswelten inmitten des Krieges. Der Journalist Jens Bisky moderiert das Gespräch.
Ein Gespräch zum neuen Buch von Gwendolyn Sasse "Der Krieg gegen die Ukraine. Hintergründe, Ereignisse, Folgen (C.H. Beck 2022)”
Mit
Gwendolyn Sasse ist Wissenschaftliche Direktorin des Zentrums für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS), Einstein-Professorin für Vergleichende Demokratie- und Autoritarismusforschung am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Universität zu Berlin und Principal Investigator im Exzellenzcluster SCRIPTS. Als Politikwissenschaftlerin forscht sie seit Jahrzehnten zu Osteuropa und zur Ukraine – insbesondere zu postsozialistischen Transformationsprozessen sowie zu Dynamiken von Krieg, Migration und Protestbewegungen. Zur Zeit arbeitet sie unter anderem an Projekten über den Krieg und Grenzregime in der Ukraine und die gesellschaftliche Mobilisierung in Belarus.
Kateryna Mishchenko ist Autorin, Verlegerin und Übersetzerin. Sie ist Mitbegründerin des unabhängigen Kiewer Verlags Medusa und Herausgeberin der Zeitschrift Prostory für Kunst, Literatur und Gesellschaftskritik. Sie lehrte Literaturgeschichte an der Nationalen Linguistischen Universität Kiew und arbeitete als Übersetzerin im Menschenrechtsbereich. Ihre Essays wurden in ukrainischen und internationalen Anthologien und Zeitschriften publiziert. Sie ist Mitautorin des Buchs Ukrainische Nacht (Spector Books, 2015). Von April bis Juni 2022 war Kateryna Mishchenko Fellow am Wissenschaftskolleg in Berlin. Seit Kriegsbeginn lebt und arbeitet sie in Berlin.
Jens Bisky ist Journalist und Autor. Seit 2021 leitet er die Redaktion von Mittelweg 36 und Soziopolis, die beim Hamburger Institut für Sozialforschung erscheinen. Zuvor war von 2001 bis 2020 Feuilletonredakteur der „Süddeutschen Zeitung“. Er ist Autor der Bücher Geboren am 13. August (2004), Kleist. Eine Biographie (2007) und – zuletzt erschienen – von Berlin. Biographie einer großen Stadt (2019), seine zahlreichen Essays erschienen in Zeitschriften und Zeitungen. 2017 wurde Bisky von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung mit dem Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik und Essay ausgezeichnet.
Eine Veranstaltung des Exzellenzcluster „Contestations of the Liberal Script – SCRIPTS“ in Kooperation mit dem Verlag C.H. Beck und silent green
Über die Serie - FUTURING THE LIBERAL SCRIPT
Futuring the Liberal Script ist eine SCRIPTS Gesprächsreihe, die im Kulturquartier silent green in Berlin stattfindet. ForscherInnen des Exzellenzclusters SCRIPTS diskutieren mit Gästen die aktuellen Krisenerscheinungen liberaler Gesellschaften und Demokratien aus unterschiedlichsten Perspektiven. Zunehmend muss das liberale Skript mit alternativen politischen Skripten und gesellschaftlichen Ordnungsideen konkurrieren, seien dies autoritäre Populismen, islamistischer Fundamentalismus, nicht-staatliche Gewaltakteure oder technokratische Autokratien. Ob liberale Gegenwartsdemokratien flexibel und agil genug sind, um auf diese Herausforderungen zu reagieren ist von akuter gesellschaftlicher und politischer Relevanz. „Futuring“ heißt nicht optimieren, sondern Antworten finden, die reflexiv und selbstkritisch die Anfechtungen liberaler Werte untersuchen, und vor diesem Hintergrund mögliche Zukünfte des Liberalen Skripts als ein „Script in Trouble“ diskutieren. Die SCRIPTS Gespräche verbinden Forschungsthemen, Praxis und Zeitdiagnose und versammeln hierzu verschiedenste Akteure zur fortlaufenden, öffentlichen Debatte.
Über SCRIPTS
Das Exzellenzcluster „Contestations of the Liberal Script (SCRIPTS)“ untersucht als Forschungsverbund die gegenwärtigen Auseinandersetzungen um das Modell der liberalen Demokratie und Marktwirtschaft. Das Hauptziel von SCRIPTS ist es, zu verstehen, warum das liberale Ordnungsmodell trotz seiner politischen, wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften in die Krise geraten ist. SCRIPTS existiert seit 2019 und wird im Rahmen der Exzellenzinitiative von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) bis Ende 2025 gefördert. Das Cluster ist an der Freien Universität Berlin angesiedelt und verbindet insgesamt acht Berliner Forschungsinstitutionen.
Montag, 17. Oktober
Kuppelhalle
Einlass: 18:15 Uhr / Beginn: 19 Uhr
Eintritt frei