Calendar, Atom Egoyan, 70', Armenien / Deutschland / Kanada, ZDF 29.6.1993, Originalfassung mit dt. UT

Der armenisch-kanadische Filmemacher Atom Egoyan setzt schon in Family Viewing die Videotechnik als Sinnbild der Entfremdung ein. In Calendar schickt er einen Fotografen nach Armenien, um dort 12 Kirchen für einen Kalender zu fotografieren. Seine Frau, die der armenischen Kultur nähersteht, begleitet ihn als Dolmetscherin. Der einheimische Reiseführer schließlich vermittelt ihnen die lokalen Gegebenheiten. Im Bild sind nur die Frau und der Guide zu sehen, die Kamera verkörpert den entfremdeten Blick des Fotografen, der schließlich allein nach Kanada zurückkehrt. „Die Idee der Nation fasziniert mich“, schreibt Egoyan. „Nehmen wir einmal an, eine Nation sei die Folge einer kollektiven Projektion. Dann wird klar, dass die Vorstellung des nationalen Territoriums eher ein psychologischer Begriff ist und weniger durch natürliche Grenzen bestimmt.“

Atom Egoyan (*1960) ist ein bekannter kanadisch-armenischer Filmregisseur, der in den 1980ern zu einer Gruppe junger Filmemacher der Toronto New Wave gehörte. Seine Filme wurden in Cannes, Locarno, Berlin und Venedig gezeigt und vielfach ausgezeichnet, für sein Gesamtwerk erhielt er den höchsten kanadischen Orden. Mit dem Kleinen Fernsehspiel entstand Calendar (1993), der im Forum der Berlinale Premiere hatte, wie bereits Family Viewing (1988).