Derek Jarman: The Last of England - Verlorene Utopien

The Last of England - Verlorene Utopien, Derek Jarman, 87', UK / BRD, ZDF 8.9.1987, Originalfassung mit dt. UT

Derek Jarman sitzt 1986 in seiner Londoner Wohnung und sieht aus dem Fenster: „Betrunkene torkeln durch den Verkehr, Heroin-Dealer schieben schmutzige Säuglinge im Kinderwagen vor sich her, die nur notdürftig den Stoff verbergen. Eine Ecke weiter stopfen sich Margaret Thatchers begüterte Traumkinder in der Brasserie den Magen voll und strömen am Morgen erschöpft aus den Nachtclubs hinaus ins Freie. Welche Szenen aus welchen Filmen kann man in einer Welt der atomaren Geheimnisse noch aufnehmen? Ich beobachte, wie der saure, radioaktive Regen fällt und die Kinder der Kinder in den Trümmern der Hoffnung zu vielfarbigen Pilzen mutieren.“ Aus Amateurfilmen seiner Familie, aus dokumentarischen und inszenierten Szenen, auf Super-8 gedreht, montiert Jarman ein filmisches Gedicht. Queer, radikal und verstörend inszeniert er seinen persönlichen Abgesang auf das „tote Meer des nach-industriellen Niedergangs“.

Derek Jarman (1942–1994) war ein bekannter britischer Filmemacher, Künstler und Aktivist für die Rechte von Homosexuellen. Er schuf experimentelle Filmwerke, viele mit autobiografischem Bezug, die zu den wichtigsten Filmen des unabhängigen europäischen Kinos und des Queer Cinema gehören. Seine Filme wurden in Berlin, Cannes, Locarno und Venedig gezeigt und ausgezeichnet, dazu in Museen wie Centre Pompidou, MoMA und Tate Modern. Für Das kleine Fernsehspiel entstanden The Last of England (1987) und The Garden (1990). Beide wurden im Forum der Berlinale gezeigt, wie auch Edward II (1992). Das silent green widmete Derek Jarman 2021 die Ausstellung The Garden – Kinematografien der Erde.