Leben – BRD, Harun Farocki, 78', BRD, ZDF 20.2.1990, Originalfassung mit engl. UT

Harun Farocki schreibt: „Im Produktionsjahr 1989 nahmen wir auf 46 Schauplätzen Spielszenen auf, Szenen aus Psycho-Dramen, Sozio-Dramen und Dramen anderer Bindestrich-Wissenschaften. In Schulen, Behörden, Fortbildungsstätten und Kliniken filmten wir, wenn ein Stück Leben gespielt wurde. Wenn Leben gespielt wurde, um etwas zu demonstrieren, zu unterweisen, zu üben, zu beschwören, zu bewältigen.“ Mit seinem unvergleichlichen Interesse an Arbeitswelten und -abläufen und seinem ebenso unvergleichlichen Gespür für Dramaturgie begibt sich Farocki in diesem Dokumentarfilm an die Nahtstellen zwischen Realität und Fiktion, die unser Leben durchziehen. Es entsteht eine Art virtuelle Biografie, die sich heute, im Zeitalter der Youtube-Tutorials, lückenlos fortschreiben ließe.

Harun Farocki (1944–2014) war ein deutscher Filmemacher, Autor, Künstler und Produzent. Mit über 90 Filmwerken hat er den Essayfilm im In- und Ausland maßgeblich geprägt. Er war Autor und Redakteur der Zeitschrift Filmkritik. Seine fiktionalen und dokumentarischen Filme liefen weltweit im Kino und wurden u.a. mit einem Silbernen Leoparden in Locarno prämiert. Ab 1996 wurden Farockis Arbeiten zunehmend weltweit in Galerien und Museen sowie auf der Documenta und auf der Biennale in Venedig ausgestellt. Für Das kleine Fernsehspiel entstanden Etwas wird sichtbar (1984) und Leben – BRD (1990). Beide Filme liefen im Forum der Berlinale, wo Farocki oft zu Gast war, u.a. auch mit Bilder der Welt und Inschrift des Krieges (1989) und Zum Vergleich (2009).