Jutta Brückner: Hungerjahre – in einem reichen Land
Hungerjahre – in einem reichen Land, Jutta Brückner, 113', BRD, ZDF 27.3.1980, Dt. Originalfassung
„1953. Ursula Scheurer ist 13 Jahre alt, die Bundesrepublik Deutschland 4 Jahre.“ In ihrem dritten Langfilm zieht Jutta Brückner 1979 die Bilanz einer verdrängten Jugend. In einem Coming-of-Age-Drama der frühen Wirtschaftswunderjahre lässt sie das Mädchen Ursula bis zur Wortlosigkeit an der Enge, der Schuld und der Angst ihrer Eltern und der traumatisierten bundesdeutschen Nachkriegsgesellschaft ersticken. Der Film endet in einem symbolischen Suizid, begleitet von den Worten: „Wer etwas ausrichten will, muss zuerst etwas hinrichten: sich selbst.“ Eine Zuschauerin schreibt: „Ich kann gar nicht alles in Worte fassen, was dieser Film in mir ausgelöst hat. Ich möchte nur zusammenfassend etwas sagen: Sie haben Ihre eigene Entwicklung beschrieben und zugleich auch meine.“
Jutta Brückner (*1941) ist eine deutsche Autorin und Filmregisseurin. Sie schrieb Drehbücher für Volker Schöndorff und Ula Stöckl, bevor sie 1975 für Das kleine Fernsehspiel den essayistischen Kompilationsfilm Tue Recht und scheue niemand (1975) drehte. Ihre Filme wurden vielfach ausgezeichnet und liefen regelmäßig im Forum der Berlinale, so auch die Spielfilme Ein ganz und gar verwahrlostes Mädchen (1977), Hungerjahre – in einem reichen Land (1980) und Kolossale Liebe (1984 / 1992), die alle in Zusammenarbeit mit dem Kleinen Fernsehspiel entstanden. Neben ihren Filmen schrieb Brückner filmtheoretische Texte, Hörspiele, Essays und machte Videoperformances.